Akustikkoppler Dataphon S21d und s21-23d

Dataphon s21d


Dataphon s21-23d


Bedienfeld s21d


Bedienfeld s21-23d


BTX-Anschluss s21-23d mit Tischgestell


V24 seriell Standard

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Ganz wichtig! FTZ-Zulassungen


Den Telefonhörer bitte richtig herum auflegen!


Beste Bedienungsanleitung ever!
Erscheinungsjahr Dataphon s21d: 1984
Erscheinungsjahr Dataphon s21-23d: 1985
Hersteller: Woerltronik, Wörlein GmbH
Preis: Zwischen 250DM und 400DM
Schnittstellen: V24 Standart, s21-23d: BTX
Anzeigen: LED-Statusanzeigen

Die Dataphon-Akustikkoppler sind Telekommunikationsgeschichte. Sie gehören zu den erfolgreichen Vertretern der großen Gruppe der Modems und wurden von ihren Usern liebevoll Datenföhn genannt. Mit ihnen war es möglich, digitale serielle Signale in Töne zu wandeln, die vom Telefon akustisch oder induktiv aufgenommen, über die Telefonleitung übertragen und von der Gegenstelle wieder in digitale serielle Signale umgewandelt wurden. Gebaut und produziert wurden die Akustikkoppler von Woerltronic, der Wörlein GmbH in Cadolzburg bei Fürth. Sie wurde bekannt durch eben den Dataphon und als Audio-Spezialist der Marke Soundmaster.

Der 'Datenföhn'
Die Namen der Akustikkoppler geben eine erste Auskunft darüber, zu was sie eigentlich zu verwenden sind. Dataphon ist ein Anagramm, das Auskunft gibt über den Verwendungszweck des Geräts, nämlich der Übermittlung von Daten über das Telefon. Die Zahlen geben einen Hinweis auf die Normen, welche den Akustikkopplern zugrunde liegen.
Es gab den Dataphon in drei Ausführungen: der Dataphon s21d, der Dataphon s21d-2 und der Dataphon s21-23d. Die beiden ersten Varianten s21d und s21d-2 unterschieden sich nur unwesentlich voneinander. Beim s21d findet die Einkopplung des Signals auf der Seite des Users rein akustisch statt. Die vom Telefon wiedergegebenen Töne werden von einem Mikrofon aufgenommen, in elektrische Signale umgewandelt und von der Elektronik verarbeitet. Beim s21d-2 war zusätzlich noch ein induktiver Tonabnehmer verbaut, der das schwache elektrische Feld der Hörerkapsel des Telefons aufnahm, welche erst verstärkt werden musste, um weiterverarbeitet zu werden. Die induktive Einkopplung war wesentlich störunanfälliger als die akustische. Die Übertragungsgeschwindigkeit war für heutige Verhältnisse extrem langsam. Die Daten wurden mit 300 Baud an den Koppler übermittelt und über die Telefonleitung übertragen. Der Bildaufbau war entsprechend langsam – beim Übertragen von Programmen sogar quälend langsam.
Der Dataphon s21-23d erfüllte die gleichen Merkmale wie der s21d-2, war aber zusätzlich noch für BTX ausgelegt. BTX steht für Bildschirmtext und war ein interaktiver Onlinedienst, der die Funktion des Fernsehgeräts und des Telefons kombinierte. BTX war ein Dienst der Deutschen Bundespost und wurde im Dezember 2001 abgeschaltet, weil er dem Internet weichen musste.

Technik
Der Technik der Akustikkoppler waren die Normen CCITT V.21 und CCITT V.23 zugrunde gelegt. Die CCITT V.21 beschreibt den Voll-Duplex-Datenaustausch zwischen zwei Stationen, die CCITT V.23 den Datenaustausch zwischen zwei Stationen im Halb-Duplex-Verfahren.
Der V.21-Mode war der Standard-Mode der Akustikkoppler im Vollduplex und garantierte, dass die Stationen zur selben Zeit sowohl senden als auch empfangen konnten. Das Vollduplexverfahren ist heute in der modernen Datenkommunikation Standard und als Anwender wollen wir auch nicht mehr darauf verzichten.
Zur Datenübertragung wurden zwei bzw. drei Kanäle benötigt, die in unterschiedlichen Frequenzbereichen arbeiteten. Da das analoge Telefonnetz nur eine Bandbreite von 2700 Hz hatte, die von 300 Hz als tiefste und 3000 Hz als höchste Frequenz reichte, musste sich das ganze akustische Geschehen innerhalb dieser Bandbreite abspielen. So sendete die rufende Station, auch ORIG genannt, mit einem Ton von 980 Hz für binär 0 und 1180 Hz für binär 1. Die gerufene Station (ANS) antwortet ihrerseits mit 1650 Hz für 1 und 1850 Hz für 0. Der jeweilige Abstand der Frequenzen beträgt 200 Hz. Die Töne wurden im Empfänger demoduliert und in entsprechende dem Computer verständliche Spannungspegel umgewandelt. Daher der Begriff Modem, für Modulieren/Demodulieren.
Um mit BTX arbeiten zu können, war eine andere Norm vorgesehen: die CCITT V.23. Sie benötigte gleich zwei Kanäle, da sie im Halbduplex-Verfahren arbeitete. Der eine Kanal war für die Datenübertragung mit 600/1200 Baud vorgesehen, der andere Kanal, auch als Hilfskanal bezeichnet, arbeitete mit 75 Baud. Um auch wieder in das analoge Telefonnetz zu passen, waren drei Frequenzen für die Übertragung mit 600/1200 Baud vorgesehen:
1300 Hz für binär 1 bei 600 Baud, 1700 Hz für binär 0 mit 600 Baud bzw. 2100 Hz für binär 0 mit 1200 Baud. Die Datenrate mit 600 Baud wurde als Rückfallrate bezeichnet, da die Übertragungsqualität bisweilen so schlecht war, dass die 2100 Hz nicht störungsfrei übertragen werden konnten. Um die Datensicherheit zu gewährleisten, wurde die Frequenz geändert und die Geschwindigkeit halbiert.
Der Hilfskanal diente der Antwort des Empfängers. Die Datenrate betrug 75 Baud und war erbärmlich langsam. Hier wurden 390 Hz für binär 1 und 450 Hz für binär 0 verwendet.
Die beiden Akustikkoppler hatten die sogenannte FTZ-Zulassung. Diese Zulassung wurde von der Prüfstelle der Deutschen Bundespost, dem Fernmeldetechnischem Zentralamt in Darmstadt, erteilt, die darüber wachte, dass das Telefonnetz nicht durch illegale und von ihnen nicht genehmigte Geräte zur Telekommunikation gestört wurde. Die hohen Kosten der Prüfung wurden von den Herstellern getragen und an die Endkunden weiter gereicht. Wurde ein Anwender erwischt, der ein nichtgenehmigtes Gerät an der Telefonleitung betrieb, wurden zum Teil empfindliche Strafen verhängt. Das hinderte viele Anwender aber nicht, die gegen Ende der 80er-Jahre auf den Markt kommenden Hayes-Modems anzuschließen. Oberste Direktive hierbei war einfach die, sich nicht erwischen zu lassen.

Dataphon s21d
Der Dataphon s21d ist die Variante ohne induktive Einkopplung des Empfangssignals. Diesen Akustikkoppler habe ich mir 1985 beim Versandhaus Quelle gekauft. Quelle war der einzige Händler im Raum Reutlingen, der das Modem für einen einigermaßen vernünftigen Preis im Angebot hatte. Trotzdem hat mich das Gerät 250 DM gekostet. Mein Datenendgerät, an dem ich den Akustikkoppler betrieben habe, war ein ZX Spectrum 48 mit Interface 1, welches die notwendige RS232-Schnittstelle zur Verfügung gestellt hat. Als Terminalprogramm diente mir ZX-Telecom von Michael Schramm, ein begabter und produktiver Programmierer, der seine Programme bevorzugt in der Zeitschrift Computer Kontakt vorgestellt hat.
Ich habe den Akustikkoppler zusammen mit einigen anderen Geräten in einer Kiste auf dem Dachboden wieder gefunden. An ihm hat sehr deutlich der Zahn der Zeit genagt. Der Bulg, der die beiden Geräteteile miteinander verbindet, ist brüchig geworden und hat seine Flexibilität verloren. Er lässt sich auch nicht mehr reparieren. Die Verlängerungen, die die beiden Schiebeschalter nach außen führt, sind zerbrochen. Sie lassen sich ebenfalls nicht mehr kleben. Das Schaumstoff-Inlay löst sich auf und zerkrümelt. Das Plastik ist vergilbt. Technisch ist der Koppler noch in Ordnung.

Dataphon s21-23d
Der Dataphon s21-23d wurde mir von einem Freund überlassen. Er war der Meinung, ich solle es doch mit einem besseren Koppler versuchen. Recht hatte er! Den Akustikkoppler habe ich noch, der Freund ist aus meinem Leben verschwunden.
Auch an diesem Gerät hat der Zahn der Zeit genagt. Hier sind ebenfalls die Verlängerungen der Schiebeschalter zerbrochen, weil sie ihren Weichmacher verloren haben. Der Schaumstoff-Inlay ist ebenfalls zerkrümelt und verklebt das Innere des Geräts. Im Gegensatz zum s21d ist der Bulg noch einigermaßen flexibel – ich werde ihn aber nicht weiter strapazieren. Auch dieser Koppler ist technisch noch in Ordnung.

Die Bedienungsanleitung ist aus den Tiefen meines Schreibtischcontainers aufgetaucht. Sie ist eine der besten Bedienungsanleitungen, die ich je in den Händen hatte. Sie erklärt nicht nur den Akustikkoppler, sondern auch die Technik, die Anwendung, den Anschluss an den Computer, die zugrunde liegenden Normen und gibt noch Hinweise auf entsprechende Literatur. Außerdem sind auf der letzten Seite noch Telefonnummern von fünf Mailboxen zu finden, in die man sich einwählen konnte. Natürlich sind die Telefonnummern nicht mehr gültig.

Fotos: Joachim Geupel


Weiterführende Links und Quellen:
V21 CCITT Standart
Wikipedia: V.23
Wikipedia: Frequenzumtastung
Wikipedia: BTX